In einer kurzen und in einer langen Fassung
Kurzfassung
02.03.1854
Gründung der „Schulschwestern vom Dritten Orden das heiligen Franziskus“ in Oggelsbeuren als Tochtergründung der Franziskanerinnen von Dillingen.
1860
Umzug in das frühere Dominikanerinnenkloster in Sießen bei Bad Saulgau.
Rasches Wachstum der Kongregation trotz vielerlei Beschränkungen. Es werden Schulen an verschiedenen Orten gegründet.
1932
Aufbruch der ersten Schwesterngruppe nach Südafrika.
1936
Aufbruch der ersten Schwesterngruppe nach Brasilien.
1939-1945
Zweiter Weltkrieg. In Deutschland große Probleme durch die Politik der Nationalsozialisten. Das Mutterhaus wird beschlagnahmt. Gegen Ende des Krieges große Bombenschäden an den Schulen.
Der Kontakt zu Südafrika und Brasilien ist kaum mehr möglich.
Nach dem Krieg viel Aufbauarbeit und trotzdem Neuaussendungen nach Südafrika und Brasilien.
1961-1965
2. Vatikanisches Konzil
Wichtige Neuerungen in Kirche und Ordensleben bringen viel Bewegung und Auseinandersetzung in die Kongregation. Jede Region stellt sich den Herausforderungen dieser Zeit. Neben der Bildungsarbeit werden mehr und mehr pastorale und soziale Aufgaben übernommen.
1996
Südafrika und Brasilien werden Provinz.
2020
Deutschland wird Provinz und die veränderte Struktur der Kongregation tritt in Kraft.
Langfassung
Vorwort
Von den Anfängen der Kirche an hat Gott immer wieder Menschen gerufen, wie die ersten Jüngerinnen und Jünger alles zu verlassen und Jesus nachzufolgen, ihm zu dienen mit ihren Gaben und Fähigkeiten. In einer Krisenzeit der Kirche hat Franziskus diesen Auftrag neu gehört und ergriffen und im Hören auf die Führung Gottes eine zeitgemäße Form des Ordenslebens gefunden, die schnell viele Brüder anzog.
Auch der Zweig der „Armen Frauen“ unter der Führung der hl. Klara entwickelte sich sehr schnell. Dazu kam der Dritte Orden für Menschen, die in der Welt und in ihren Familien bleiben und das franziskanische Ideal leben. Am Ende seines Lebens sagte Franziskus: Ich habe das meine getan, was Eures ist, möge euch Christus lehren.
Aus diesen Wurzeln entstanden in der ganzen Welt vielfältige Formen franziskanischen Ordenslebens. Aus dem Dritten Orden heraus entwickelten sich Ordensgemeinschaften vom sogenannten Regulierten Dritten Orden, zu denen auch unsere Kongregation gehört.
Gründung
Nachdem durch die Säkularisation 1782 und 1803 das Ordensleben in Deutschland fast zum Erliegen kam, öffneten sich Mitte des 19. Jahrhunderts neue Möglichkeiten. In Oberschwaben, nahe der Stadt Ehingen, kamen junge Frauen, deren Eltern und der geistliche Schulinspektor Joseph Kuonz zusammen, um den Traum einer weiblichen Ordensgemeinschaft für den Unterricht der Mädchen zu gründen.
Die jungen Frauen waren in Bayern bei den Franziskanerinnen von Dillingen in der Schule und auch Kandidatinnen dort. Schritt für Schritt ließ sich der Traum von der Wiederbelebung des Klosters in Oggelsbeuren verwirklichen, wo nur noch eine Ordensfrau der früheren Franziskanerinnengemeinschaft lebte. Bischof Josef Lipp von Rottenburg genehmigte den Plan am 15. November 1853. Mutter Theresia Haselmayer von Dillingen hatte schon zugestimmt, Schwestern für den Neuanfang zu schicken.
Am 2. März 1854 begann das klösterliche Leben in dem alten Kloster in Oggelsbeuren, das die Eltern gekauft und renoviert hatten. Die Schule hatte schon etwas früher begonnen, geführt durch die Kandidatin Franziska Frankenhauser.
Kurz nach dem Einzug erfolgte die erste Einkleidung. Die drei Neuen trugen die Namen: M. Antonia Frankenhauser, M. Franziska Seraphika Model und Maria Klara Höß.
M. Antonia Frankenhauser wurde gleich nach ihrer Erstprofess 1857 zur neuen Oberin der Gemeinschaft gewählt.
Von Oggelsbeuren nach Sießen
Die Gemeinschaft und die Schule wuchsen, so dass das alte Klösterchen schnell zu klein wurde. Daher suchte die Gemeinschaft einen neuen Ort und fand ihn im ehemaligen Dominikanerinnenkloster in Sießen bei Saulgau. Auch hier lebte noch eine der früheren Bewohnerinnen. Seit 1260 hatten dort Dominikanerinnen gelebt und den neuen Bewohnerinnen eine schöne Klosteranlage hinterlassen. Der eigentliche Klosterschatz war und ist jedoch ein romanisches Kreuz, das die Dominikanerinnen durch all die Jahrhunderte begleitet hatte und ihnen in allen Dunkelheiten Halt und Trost gegeben hatte.
Am 24. Mai 1860 erfolgte der Umzug von Kloster, Schule und Internat von Oggelsbeuren nach Sießen.
Entwicklung der Mission
Es waren vor allem politische Schwierigkeiten, die der kleinen Gemeinschaft zu schaffen machten. Aber nichts konnte sie am Wachstum hindern. Der Auftrag, den sie von Dillingen mitgebracht hatten und den sie aus ganzem Herzen erfüllten, war die Erziehung und Bildung der Mädchen. Neben der Schule in Sießen entstanden Schulen in einer Reihe von Städten in der Diözese Rottenburg, dazu kamen viele kleinere Filialen in ländlichen Gegenden, wo die Schwestern ebenfalls in der Schule und im Kindergarten tätig waren.
Nach dem Ersten Weltkrieg und der großen wirtschaftlichen Not in Deutschland verloren viele Schwestern ihre Stellen in der Schule. So öffnete sich die Kongregation auch für die Krankenpflege.
Aus Sießen in die Welt
Immer wieder gab es Anfragen für einen Einsatz der Schwestern im Ausland. Diese hatte die Kongregation mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass die Kräfte im Inland gebraucht würden. Es bedurfte der missionsbegeisterten Generaloberin M. Gertrudis Bosch und schwieriger äußerer Umstände, bis die Kongregation sich entschied, auf die Anfrage aus Südafrika hin den Aufbruch zu wagen. 1932 brachen die ersten Schwestern nach Südafrika auf, 1936 erfolgte der Aufbruch der ersten Schwestern nach Brasilien.
Die Namen der ersten Schwestern, die nach Südafrika aufbrachen, sind
Sr. M. Sidonia Haaga, Sr. M. Ludovika Maier, Sr. M. Matthia Steck,
Sr. M. Sindulfa Wetzel, Sr. M. Caritina Erne und Sr. M. Bernadette Ziegler.
Die erste Gruppe, die nach Brasilien aufbrach, waren Sr. M. Ida Ensle,
Sr. M. Konrada Nagel, Sr. M. Goswina Walter und Sr. M. Henrica Lang.
Treue zum Auftrag in schwierigen Zeiten
Der Anfang für das kleine Pflänzchen in Agudos im Staat São Paulo in Brasilien war schwer. Die Schwestern waren dort in der Schule und im Krankenhaus tätig. Bereits drei Jahre nach der Ankunft der ersten Schwestern, als die Gruppe auf 14 Schwestern angewachsen war, brach der Kontakt zum Mutterhaus durch den Beginn des Zweiten Weltkrieges fast ganz ab. So mussten die Schwestern bis 1948 warten, bis Verstärkung aus Deutschland kam. Doch ihr Leben zog auch junge Frauen in Brasilien an. Die erste Einkleidung erfolgte am 22. Februar 1948. Von Beginn an hatten die Schwestern einen lebendigen Kontakt zu den Franziskanern.
Auch der Anfang in Südafrika war nicht ohne Hindernisse. Für eine Phase der Einführung in die Missionsarbeit kamen die Schwestern nach Mafikeng und Taung in der Diözese Kimberley und auch zu den Schwestern vom Hl. Kreuz in Aliwal North. Auf der Suche nach einer eigenen Missionsstation mussten die Schwestern mehrmals umziehen, sogar nach Botswana, bis sie schließlich die Fort Savage Farm erwerben konnten, die heute Assisi Mission genannt wird und in der Erzdiözese Bloemfontein liegt.
Am 19. Oktober 1952 fasste unsere Gemeinschaft durch die Einkleidung der ersten vier Novizinnen noch tiefer Wurzel in Südafrika.
In Deutschland war diese Zeit durch die Herrschaft der Nationalsozialisten und den Zweiten Weltkrieg sehr schwer. Vieles, was in den Jahrzehnten vorher aufgebaut wurde, musste beendet und geräumt werden, vieles wurde zerstört. Das Mutterhaus wurde beschlagnahmt. Nach dem Krieg wurde das Mutterhaus wieder zurückgegeben und die Schulen konnten neu beginnen. Doch die meisten Gebäude waren zerstört und der Wiederaufbau forderte einen enormen Einsatz aller Schwestern.
Zurück zu den Wurzeln und vorwärts in die Zukunft
Die Welt hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg sehr verändert. Auch die Kirche konnte nicht einfach so weitermachen. So berief Papst Johannes XXIII. das II. Vatikanische Konzil ein, das die kirchliche Lehre und Praxis auf ein neues Fundament stellte. Der Auftrag an die Orden hieß: Erneuerung durch Neuorientierung an den Wurzeln. In einem intensiven weltweiten Prozess erneuerten die Franziskanischen Drittordensgemeinschaften ihre Regel. Unsere Kongregation verfasste eine neue Lebensordnung, die ab 1985 gültig war. Das alles bedeutete einen nicht zu unterschätzenden Aufbruch in neue Zeiten. Auf diesem Fundament konnte die Kongregation weiterbauen.
Eine sich verändernde Kongregation in einer sich verändernden Welt und Kirche
In Südafrika arbeiteten die Schwestern in Schulen und Kindergärten und im pastoralen Bereich. Auch dienten sie den armen Menschen und den Priestern. Das Land erlebte durch die Apartheid eine sehr schwere soziale und politische Zeit . Das hatte auch eine große Auswirkung auf die Schwestern und verursachte interne Konflikte. Die deutschen und die afrikanischen Schwestern wurden unterschiedlich behandelt. Die wachsenden Spannungen entluden sich in einem „Aufstand“ im Jahr 1976, als die afrikanischen Schwestern sich weigerten, diese Ungleichheit länger zu akzeptieren. Auch verließen viele Schwestern die Kongregation. Von dieser Zeit an wurde die Ausbildung der afrikanischen Schwestern verbessert und alle Schwestern lebten zusammen im gleichen Haus. Die Situation ist viel besser, aber die Wunden sind geblieben.
In der brasilianischen Kirche kam es nach dem Konzil zu tiefgreifenden Veränderungen. Die Theologie der Befreiung rückte die Armen in den Blick und viele Ordensleute gingen direkt zu den Ärmsten der Armen um ihnen zu dienen. Auch in unserer Region stiegen die Spannungen zwischen denen, die die Institutionen weiterführen und denen, die in der Pastoral tätig und bei den Armen sein wollten. Dieser Konflikt dauerte viele Jahre. Ein Schritt für den Neubeginn war die Verlegung des Noviziatshauses nach Curitiba. Als noch wirtschaftliche Probleme dazukamen, wurden die Schulen verkauft, und die Provinz verlegte ihren Sitz nach Guaratinguetá, ein radikaler Neuanfang, in Zusammenarbeit mit der Fazenda da Esperança.
In Deutschland war die Phase nach dem II. Vatikanischen Konzil mit viel Unruhe und großen Umbrüchen in der Kirche und in der Gesellschaft verbunden. Die Folge war ein Ausbleiben von Berufungen. Erst in den 80er Jahren gab es hier eine neue Blütephase. Kluge Entscheidungen der Oberinnen ließen die Franziskanischen Quellen für alle lebendig werden. Jede Schwester durfte nach Assisi fahren. Die Ständige Formation unterstützte die geistliche und persönliche Reifung und die Kommunikationsfähigkeit der Schwestern. Es gab für unsere Gemeinschaft wieder mehr Berufungen, oft Frauen, die schon eine Ausbildung in einem pastoralen Beruf hatten. So kam dieses und auch einige andere Tätigkeitsfelder in die Gemeinschaft. Die großen Werke wie Schulen, Jugendhilfe, Altenheime wurden in andere Trägerschaft übergeben.
Die neue Struktur der Kongregation
Das Generalkapitel beschloss 1996, dass die „Regionen“ Südafrika und Brasilien „Provinzen“ mit größerer Eigenständigkeit und Verantwortung werden sollten.
Diese Reform der Kongregationsstruktur wurde erst mit dem Generalkapitel 2020 abgeschlossen, als auch die Niederlassungen in Deutschland eine Provinz wurden. Um diesen Schritt zu ermöglichen, wurden die Konstitutionen in einem langen Prozess unter Beteiligung aller Schwestern überarbeitet und auf dem Außerordentlichen Generalkapitel 2017-2019 beschlossen. Seit dem Generalkapitel 2020 arbeitet die Kongregation an den anderen Teilen der Lebensordnung, die auf dem Außerordentlichen Generalkapitel 2025 verabschiedet werden sollen.
Und heute …
In Brasilien leben die Schwestern in mehreren Konventen in Guaratinguetá / SP. Sie sind in der Pastoral tätig und unterstützen die Fazenda da Esperança.
1949 begannen die Schwestern in Garça mit ihrer Erziehungsarbeit in einer Kindertagesstätte und lange Zeit auch in der Schule. Die Schwestern leben in einem kleinen Konvent am Rande der Stadt. Sie laden Menschen zum Gebet ein und sind pastoral tätig.
In Coroatá / MA, im ärmeren Norden des Landes, wirken die Schwestern im medizinisch-seelsorgerlichen Bereich, in der Gefängnisseelsorge und in der Katechese.
In Südafrika unterrichten die Schwestern weiterhin in Schulen und Kindergärten. In der Assisi Mission haben sie das Exerzitienzentrum Regina Pacis, das Kinder- und Jugendhilfezentrum Bophelo und das Teilbetreuungszentrum Rebabaletswe sowie eine Farm. 1977 gingen die Schwestern nach Batlharos. Jetzt arbeiten sie dort in einem Altersheim der Diözese Kimberley. 1983 eröffneten sie einen Konvent in Botshabelo, um näher bei den armen Menschen zu sein. Dort führen sie einen Kindergarten. Aus dem gleichen Grund begannen die Schwestern 2006 in Bothaville. Im Jahr 2009 wurde ein Konvent in Ennerdale gegründet. Der Erzbischof von Johannesburg bat die Schwestern, in dem Township Orange Farm pastorale Arbeit zu leisten. In Bloemfontein gibt es drei Konvente, St. Joseph mit Kindergarten, im Bischofshaus sowie den Konvent St. Clare für die studierenden Schwestern. In dieser Stadt leisteten sie lange Zeit eine gute Arbeit für die HIV-Patienten.
In Deutschland sind die Aufgabenfelder der Schwestern sehr unterschiedlich. Manche arbeiten z. B. im schulischen oder pastoralen Bereich und in Geistlichen Zentren, manche im medizinisch-therapeutischen Bereich.
In Sießen wurden Schule und Internat 1990 geschlossen. Die anderen Schulen wurden in eine gGmbH übergeben. Nach wie vor kommen alle Klassen der „Sießener Schulen“ wenigstens einmal in ihrer Schullaufbahn ins Jugendhaus nach Sießen, um den Ursprungsort ihrer Schule kennenzulernen.
Das Jugendhaus und die Erwachsenenpastoral bieten in Sießen viele Möglichkeiten zum Erholen, zum geistlichen Auftanken und zur Vertiefung der religiösen Bildung. Ein Klostercafé und ein schöner Gästebereich laden zur Erholung ein.
Einige Schwestern arbeiten im hauswirtschaftlichen Bereich, in der Ordensausbildung, in der Pflege der alten Schwestern und in der Leitung und Verwaltung der Kongregation.
Alle Provinzen sind in einem Prozess der ständigen Entwicklung und Veränderung begriffen. Konvente werden eröffnet und auch geschlossen, um in einer sich schnell verändernden Welt und Kirche auf die Zeichen der Zeit Antwort zu geben.